Mittwoch, 13. Oktober 2004

Das Reizwort Toleranz

Vielleicht können sich die am Basiskurs Teilnhmenden noch erinnern: Sowohl Dr. Elsayed Eshahed als auch Ing. Tarafa Baghajati gingen zum Begriff der Toleranz auf Distanz, drücke er doch mehr ein Dulden als ein Respektieren aus. Tatsächlich scheint das Wort "Toleranz" im Alltag die Bedeutung des in der Sache indifferenten Duldens (weil es halt keinen anderen Weg gibt) zu transportieren. Das Wort hat den Beigeschmack des Lästigen.
In seinem gestrigen Referat zum Festakt 10 Jahre "Religionen unterwegs" der Kontaktstelle für Weltreligionen umriss Univ.-Prof. Dr. Ulrich Körtner den Begriff der "konstruktiven Toleranz". Diese sei jene Haltung, die sich dem Anderssein des Anderen mit seinen Ansprücken stellt und sich ihm aussetzt. Konstruktive Toleranz als christliche Grundhaltung verzichtet nicht auf die Wahrheitsfrage und stellt sich dabei ineins dem Wahrheitsanspruch des Gesprächspartners. Sie versucht den Wahrheitsanspruch des Anderen auszuhalten. Wo es sein muss, erleidet sie ihn gewaltlos, denn Maßstab sei Jesus v. Nazaret, so Körtner.
Das Ringen um den Begriff der Toleranz enthüllt das Bedürfnis nach Anerkennung innerhalb des interreligiösen Dialogs. Es geht um gegenseitige Anerkennung, ohne vereinnahmt zu werden oder selber zu vereinnahmen.
Der Theologe Hans Kessler schlägt dazu einen Ansatz vor, der die konkrete Ergriffenheit des Christen ernst nimmt – Gläubige können nicht anders als ihre in der Erfahrung mit Jesus Christus verankerte Heilsperspektive zu
universalisieren und auf alle Geschöpfe auszudehnen – und die prinzipielle Wahrheitsfähigkeit anderer anerkennt: den „reziproken Inklusivismus“ . Wenn Christen die in Christus gewonnene Heilsperspektive auf alle ausdehnen und auch Angehörige anderer Religionen in sie inkludieren, gilt für die Haltung des reziproken, d.h. wechselseitigen Inklusivismus anzuerkennen, dass etwa gläubige Muslime nicht anders können, als die Relevanz ihrer Offenbarung im Koran zu universalisieren. Man kann einem Muslim nicht verwehren, dass er – aus seiner Binnenperspektive – alle Menschen in das von ihm erkannte Heil mit einschließt. Wechselseitiger Inklusivismus ist jene Grundhaltung, die gegeben ist, wenn Menschen, die in unterschiedlichen Religionen existenziell verwurzelt sind, zugleich einander mit Aufgeschlossenheit begegnen. Sie räumt den Dialogpartnern wechselseitig Platz in der je eigenen universalen Heilshoffnung ein, ohne Differenzen zu verwischen und Identität zugunsten einer abstrakten Einheit aufgeben zu müssen.
Ein gutes Beispiel für wechselseitigen offenen Inklusivismus sei kurz erwähnt: Karl Rahner erzählt, der zenbuddhistische Philosoph Nishitani aus Kyoto "habe ihn einmal gefragt, was Rahner dazu sagen würde, wenn er, Nishitani, Rahners Rede vom ‚anonymen Christen’ umkehre und ihn, Rahner, als ‚anonymen Buddhisten’ deuten würde. Rahners Antwort: Von Ihrem Standpunkt aus können Sie das tun, und es würde mich sehr ehren. Darauf Nishitani: Dann sind wir in dieser Frage völlig einig."

Trackback URL:
https://theologie.twoday.net/stories/362475/modTrackback

haller - 22. Okt, 16:12

Der kulturelle Einfluss des Islams in Europa

In der letzten Ausgabe der Zeitschrift "Religionen unterwegs" findet sich ein lesenswerter Artikel zum Verhältnis von Islam und Christentum in Europoa."Der kulturelle Einfluss des Islams in Europa - Das giechische Erbe in islamischer Rezeption" von Prof. Miklos Maroth.
Daraus ein kurzes Zitat:" Diese Beispiele verdeutlichen, dass unsere europäische Kultur auf verschiedensten Ebenen - Religion, Wissenschaft, Kunst - in ihrer heutigen Form ohne islamischen Einfluss unvorstellbar ist. Seit den Kreuzzügen haben Christen und Muslime gegeneinander gekämpft. Die Menschen in den orientalischen Ländern" (und wohl auch bei uns) "erinnern sich mit Schrecken daran. Wir alle sind geneigt, immer noch in diesen Mustern zu denken. Wir vergegenwärtigen uns aber nicht, dass all die Jahrhunderte hindurchMenschen des Geistes und der Kultur in beiden Hälften des Mittelmeerraumes, in Europa und im Nahen Osten ohne viel Aufhebens, ohne großem Lärm zusammengearbeitet, von einander gelernt und sich gegenseitigt bereichert haben."
Das sollte Grund genug für uns heute sein, diese Tradition der gegenseitigen Bereicherung weiterzuführen und dadurch den "Extremisten" entgegenzuwirken.

Felix Staratschek - 22. Nov, 15:02

Auseinandersetzung seit den Kreuzzügen?

Guten Tag!
Ich lese da im Kommentar, das Christen und Muslime seit den Kreuzzügen im kriegerischen Konflikten standen. Ich kann diese Blindheit bzgl. der Geschichte nicht verstehen? Wer hat die Muslime nach Spanien und Tours eingeladen, wie sind diese überhaupt dahin gekommen, wer hat die Muslime nach Sizillien eingeladen oder in die Provence, wo sie lange Zeit einen Brückenkopf unterhielten. Ich habe das schon so oft gelesen, daß die Kreuzzüge die Muslime kriegerisch machten, daß ich hier widersprechen muß. Es reicht ein Blick in den Westermann- Geschichtsatlas. Oder in das Buch von BatYe`or, "Der Niedergang des orientalischen Christentums unter dem Islam".
Bezüglich der Kultuer der Muslime muß man sagen, das diese es verstanden, die Kultur der unterworfenen Dhimmi- Völker zu assimilieren. Das Europa von dieser Kultur profitiert hat, steht außer Frage. Es wäre aber interessant, wie Europa von einen fortdauerdnen Byzantinischen Reich profitiert hätte, welches die Muslime direkt nach Mohammeds Tod stark schrumpfen ließen und immer wieder bedrängten. MfG. Felix Staratschek

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Archiv

Oktober 2004
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 
 
 
 
 1 
 2 
 3 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
 
 

Aktuelle Beiträge

Die Kurse - eine Werbeveranstaltung...
Die Kurse - eine Werbeveranstaltung für Muslime? Ha....
Almujadilah - 19. Jun, 18:09
Eine Einwurf dazu, für...
Eine Einwurf dazu, für den mir meine militanten Glaubensbrüder...
Almujadilah - 19. Jun, 17:52
Auseinandersetzung seit...
Guten Tag! Ich lese da im Kommentar, das Christen und...
Felix Staratschek - 22. Nov, 15:02
Vorsicht Muslimbruder!
Ich habe bei Google nachgesehen! Amir Zaidan ist der...
Felix Staratschek - 22. Nov, 14:14
Zwangsadoption?
Was würde wohl Abraham zu der Zwangsadoption durch...
Felix Staratschek - 22. Nov, 14:04

Status

Online seit 7505 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 19. Jun, 18:09

Credits


Profil
Abmelden
Weblog abonnieren